Weihnachten ist – so heißt es – einerseits ein Familienfest und andererseits das Fest der Liebe. Es wäre also das Fest der Liebe in den Familien. Und im Zentrum dieses Festes stehen die Kinder, insbesondere die kleinen Kinder. In der biblischen Weihnachtsgeschichte steht im Zentrum ebenfalls ein Kind, ein neugeborenes Kind. Mit diesem Kind entseht erst die heilige Familie.
Tatsächlich wird der besondere Zauber der Weihnachtszeit und des Weihnachtsfestes oft von den Kindern noch am intensivsten empfunden. Die sinnlichen Eindrücke des geschmückten Weihnachtsbaumes mit brennenden Kerzen, die Vielfalt der in buntes Papier gehüllten Geschenke, die besonderen Süßigkeiten, die es nur in dieser Zeit gibt, der Geschmack und der Geruch des besonderen Festtagsbratens und vielleicht auch der Klang bestimmter Weihnachtslieder gehören oft zu den prägenden Erinnerungen aus der Kindheit.
Wenn wir bei diesem Familienfest die Kinder in den Mittelpunkt stellen, so ist dies angemessen, weil sich im Kind oder den Kindern der Sinn der Familie verdichtet. Der Zweck der Familie ist es, für Kinder einen Raum und einen Rahmen zu schaffen, in dem sie gut und behütet wachsen können.
Weihnachten als ungewollte Familienaufstellung
Manchmal wirkt das Weihnachtsfest aber auch wie eine ungewollte Familienaufstellung. Etwa dadurch, dass deutlich wird, wie die engeren und weitere Familienmitglieder tatsächlich zueinander stehen, in welcher Nähe oder in welcher Ferne. Wer besucht wen und wie gerne oder mit wie viel innerem Widerwillen? Wer wird ausgeschlossen, nicht eingeladen? Wer schließt sich selber aus und erscheint nicht? Und wer wird an den Festtagen besonders schmerzlich vermisst durch Tod oder schwere Krankheit? Wie wird das Fest begangen, wenn Eltern sich getrennt haben? Zu welchen Familienmitgliedern gelingt die liebevolle Zuwendung nicht, auch nicht an den Festtagen?
Diese oft unterschwelligen Kräfte in Familiensystemen werden zum Weihnachtsfest eben auch greifbar und sichtbar. Sie können zu Konflikten und Streit führen, die gerade durch den Kontrast zum Ideal eines friedvollen und freudigen Weihnachtsfestes besonders intensiv erlebt werden.
Oder bei Menschen, denen die Bindung an eine Familie oder eine andere Form einer liebevollen Gemeinschaft fehlt, wird diese Einsamkeit oft zu Weihnachten besonders bewusst und wird dann als sehr schmerzlich empfunden.
Das ist die andere Seite des Weihnachtsfestes.
Die Besinnung: Das besinnliche Weihnachtsfest
Als Weihnachtsgruß wird meistens „frohe Weihnachten“ oder „fröhliche Weihnachten“ gewünscht, manchmal aber auch ein „besinnliches Weihnachtsfest“. In der Besinnung zu Weihnachten scheint mir eine große Chance zu liegen. Wir kommen zur Ruhe, kommen innerlich in Frieden und besinnen uns. Worauf besinnen wir uns? Zum Bespiel darauf, dass wir mit den Menschen in unserer Familie und in unserem persönlichen Umfeld verbunden sind. Und das wir ihnen etwas verdanken, manchmal im Kleinen und manchmal im Großen. Das macht das Herz weiter.
Und noch etwas anderes ist mit der Besinnung gemeint: Wir kommen zu unseren Sinnen, zur sinnlichen Wahrnehmung, etwa des Weihnachtsschmucks oder der weihnachtlichen Genüsse. Und vielleicht werden wir dann wieder ein bisschen wie die Kinder und der Weihnachtsglanz färbt auf uns ab – im Inneren.